Erwiderung zum Beitrag im Wiesbadener Kurier vom 3. März 2017
„Handelt die Bauaufsicht rechtswidrig?“
Der Eltviller Stadtbild-Verein vertritt ungeachtet der Auffassung des Fachbereichsleiters der Ordnungsverwaltung im Kreis, Stefan Krebs, des Fachdienstleiters für Bauaufsicht und Denkmalschutz im Kreis, Hans-Peter Schuy , und des Bürgermeisters der Stadt Oestrich-Winkel, Michael Heil, die Auffassung, dass die Behörden ihrer Sorgfaltspflicht bei der Prüfung von Aussiedlungsvorhaben nicht nachkommen und großzügig die beantragten Vorhaben genehmigen.
So ist die Privilegierung eines Bauvorhabens im Außenbereich zwecks landwirtschaftlicher Nutzung , gemäß § 35 Abs.1, Ziffer 1 BauGB dann nicht gegeben, wenn überwiegend andere Zwecke verwirklicht werden. Es ist für einen landwirtschaftlichen Betrieb insbesondere nicht erforderlich, bei einem Aussiedlungsvorhaben einen gaststättenähnlichen Bereich mit einem großen Gastraum, einem Balkon oder einer Terrasse, einer Küche, einem Garderobenraum sowie weiteren Nebenräumen und Verkehrsflächen zu bauen. Für die Nutzung von privaten Festen in repräsentativen Räumlichkeiten, gegebenenfalls mit Cateringmöglichkeit, steht der Außenbereich grundsätzlich nicht zur Verfügung.
Die Privilegierung landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich dient dem Schutz und dem Fortbestand der Landwirtschaft und der Ermöglichung angemessenen Arbeitens und Wirtschaftens. Besondere Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen landwirtschaftlichen Betrieben in Bezug auf publikumswirksame Vermarktung soll die Baumöglichkeit im Außenbereich jedoch nicht sichern, auch nicht Wettbewerbsvorteile gegenüber gastronomischen Betrieben, denen die Möglichkeit einer Modernisierung oder Expansion durch Verlagerung in den Außenbereich überhaupt nicht eröffnet ist.
Als nicht privilegierte sonstige Vorhaben sind solche Bauvorhaben, entgegen der Genehmigungspraxis der Behörden, nach § 35, Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Hiernach sind sie insgesamt unzulässig, weil ihre Errichtung oder Benutzung öffentliche Belange, vor allem Belange der Landschaftpflege, des Denkmalschutzes, die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigen und das Orts- und Landschaftsbild verunstalten würde.
Die Kreisverwaltung irrt , wenn sie meint, die in § 35 Abs. 3 BauGB genannten öffentlichen Belange – wie Naturschutz, Landschaftspflege und Denkmalschutz – seien nur bei den sogenannten sonstigen Vorhaben zu berücksichtigen. Auch einem privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB dürfen nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift öffentliche Belange nicht „entgegenstehen“. Aufgeführt sind die auch für die Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens maßgeblichen öffentlichen Belange in § 35 Abs. 3 BauGB.
Der Handlungsspielraum der Gemeinden ist entgegen der im Rheingau weit verbreiteten Ansicht recht weit. Sie kann gemäß § 36 Abs. 2 BauGB ihr – für die Zulässigkeit eines Vorhabens in der Regel erforderliches – Einvernehmen auch für ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich versagen, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 BauGB nicht vorliegen.
Unser Verein verweist auf die zu vorstehender Problematik ergangene Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, sowie das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstraße (17.11.2015), Aktenzeichen 5 K 1012/14NW.
Entspricht die Benutzung eines im Außenbereich gebauten Objekts nicht der genehmigten Nutzung, ist die Bauaufsicht zum Einschreiten gemäß den Regelungen der HBO aufgefordert.