“Sie könnten, wenn sie wollten!“
Die politisch Verantwortlichen im Kreis, seien es die Gremien von Kreis, Kommunen, Zweckverband Rheingau oder Weinbauverband könnten viel zum Schutz unserer einmaligen Rheingauer Kulturlandschaft beitragen, wenn sie nur wollten!
Bisher existieren nur Lippenbekenntnisse sowie das Verzögern und das Verschieben der Verantwortung auf jeweils andere Gremien, gepaart mit rechtlicher Unkenntnis.
Der Stadtbildverein Eltville hat in der Presse und in direkten Schreiben an die im Kreis politisch Verantwortlichen mehrfach aufgezeigt, welche Möglichkeiten offenstehen und wie andere Regionen handeln: Es muss doch zu denken geben, dass die Landeshauptstadt Wiesbaden im Jahr 2010 ein unmittelbar an die Gemarkung Walluf angrenzendes, das Wiesbadener Stadtgebiet weitgehend abdeckendes Landschaftsschutzgebiet eingerichtet hat. Dies, um die nachhaltige Sicherung und Wiederherstellung der von einer land-und forstwirtschaftlichen Nutzung geprägten Kulturlandschaft wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes, wegen ihrer besonderen kulturhistorischen Bedeutung und für den Schutz des Naturhaushalts zu gewährleisten. Es muss auch zu denken geben, dass eine Weinbauregion wie die Südliche Weinstraße dem privilegierten Bauen im Außenbereich Regelungen betreffend Landschaftsschutzgebiet entgegensetzt.
Der Vorsitzende der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Rheingau, Paul Weinmann, hat in der letzten Sitzung der Verbandsversammlung gemäß Bericht der Rheingau Echo ausgeführt, dass eine Landschaftsschutzgebietsverordnung kein Allheilmittel sei und den § 35 Baugesetzbuch keinesfalls aushebeln könne. – Diese Auffassung ist falsch!
Der Stadtbildverein Eltville hat auf seiner Homepage (www.stadtbild-verein-eltville.de) die relevante Rechtsprechung zum privilegierten Bauen im Außenbereich und zur Thematik „Landschaftsschutz contra privilegiertes Bauen“ veröffentlicht. So hat das höchste deutsche Verwaltungsgericht – Bundesverwaltungsgericht – in der Entscheidung BVerwG 4 B 104.99 ausgeführt:
„In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegierten Vorhaben entgegenstehen können. Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats ist das insbesondere dann der Fall, wenn das Vorhaben in nicht durch Ausnahmegenehmigung oder Befreiung zu behebender Weise in Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung steht.“
In dem Urteil entscheidet das Gericht über „die Zulässigkeit einer Windenergieanlage als im Außenbereich privilegiertes Vorhaben, das in einem Landschaftsschutzgebiet errichtet werden soll“, eine aktuell für den Rheingau -nicht nur im Hinblick auf Aussiedlungsvorhaben- interessante Entscheidung.
Auf dieser ständigen Rechtsprechung, des BVerwG basiert eine Vielzahl aktueller Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte, beispielsweise das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30.8.2017 unter dem Aktenzeichen 8 S 17/16.
Auch der Vorschlag des Mitglieds der Verbandsversammlung, Lutz Lehmler, eine Änderung des § 35 BauGB zu initiieren und entsprechend der Anregung von Paul Weimann eine entsprechende Bitte an die Bundestagsabgeordneten heran zu tragen, verdeutlicht das Interesse an einer langen Verschleppung einer Regelung hier im Landkreis zum Vorteil der eigenen Lobby. Es sollte bekannt sein, dass nach jahrelangen Beratungen zum 3. November 2017 das neue BauGB bekanntgemacht worden ist, auch mit Neufassung des § 35. Eine erneute Änderung dieses Gesetzes kann deshalb nicht zeitnah anstehen.
Der besondere Respekt unseres Vereins gilt dem ehemaligen Präsidenten des Rheingauer Weinbauverbandes, Stefan Ress, und dem Eltviller Stadtverordneten Matthias Hannes, die sich in den letzten Sitzungen der Verbandsversammlung vehement „Pro Kulturlandschaft Rheingau“ positioniert haben. Im Übrigen sind wir auf eine Positionierung des „Pro Kulturlandschaft Rheingau e.V.“ gespannt.
Eltville, den 30.03.2018
Dr. Renate Quermann